Im Kaleidoskop der Möglichkeiten
Stephan Widera (fügt) die Welt neu zusammen. Dabei spart er nichts aus, was gesellschaftliche Realität ausmacht. Ob Werbung, Konsum und Warenwirtschaft, Pharmaindustrie, Politik und Propaganda, Porno und Erotik. Ob Promi-Lust und Star-Allüren, Moden und der so genannte Zeitgeist, - alles gerät in Stephan Widera's Blick. Munter vermengt er dabei Historisches mit Aktuellem, Ernstes mit Banalem, baut Slogans und Schlagzeilen in seine surrealen Bildwelten ein.
Für dieses Kaleidoskop der Möglichkeiten greift Stephan Widera auf Vorlagen aus der populären Bild- und Medienwelt zurück, die in ihrem Ursprung stets kenntlich bleiben. So hat der Volksempfänger des Dritten Reiches ebenso wie das Titelblatt-Layout des Magazins Der Spiegel Einzug in das kollektive Bildgedächtnis gehalten, genauso wie die typischen Werbebilder von Waschmaschinen und Suppendosen.
Stephan Wideras Bilder sind farbenfroh und spielerisch. Mit der vermeintlichen Unschuld eines Kindes scheint er seine Vorlagen nach dem Prinzip des Zufalls zusammenzubauen. Köpfe werden mit Tomaten vertauscht, der Wunderdoktor wird bemüht und Dinosaurier-Waschmaschinen bekommen Beine. Was zunächst zum belustigten Schmunzeln einlädt, entwickelt jedoch rasch ein Eigenleben mit völlig neuen möglichen Zusammenhängen, manchmal bissig, manchmal heiter, aber immer mit ironischer Klarsicht, was hinter den Dingen verborgen liegt. (...)
Mit derselben abgründig humoristischen Betrachtung widmet sich Stephan Widera auch der Kunstgeschichte. Den affirmativen Geist der Pop-Art konterkariert er beispielsweise mit seinen brisanten gesellschaftlichen Bezügen, und Warhols Suppendosen werden durch politische Einsprengel aufgeladen. Den Konstruktivismus, der immerhin auch Gesellschaftsutopie war, lässt er einen leichtfüßigen, virtuosen Freudentanz aufführen. Wladimir Tatlin und Oskar Schlemmer lassen grüßen.
Es fällt auf, dass in Stephan Widera's Welten Individualisten fehlen. Als Kommentar zu unserer derzeitigen Gesellschaft ist dies durchaus präzise. In einer Gesellschaft, die ausschließlich von wirtschaftlich orientierten Gruppeninteressen gesteuert wird, fällt der Einzelne schließlich nur noch als statische Größe ins Gewicht. Stephan Widera's Bilder entlarven die dazu notwendigen Mechanismen der Propaganda und Slogans als Gesellschaft konstituierende Realität. So gesehen betreibt Stephan Widera mit seinen absurden Bildwelten sowohl aktive Medien- als auch Gesellschaftskritik wie ebenso fundierte Kunstkritik, - und das mit einem sympathischen Lächeln im Augenwinkel.
Auszug eines Textes von Dr. Stefanie Lucci.
Erfahren Sie mehr über den Düsseldorfer Künstler auf seiner webseite widera.com
oder auf seinem Instagram-Account @stephan_widera
S. Widera, Collage
S. Widera, Collage / Fotografie
S. Widera, Collage / Mixed Mediat
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